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oder sekundäre Geschlechtsmerkmale fehlen

weitgehend und wo man sie erraten kann, sind

sie ausgesprochen subtil. Es fehlen auch explizite

Darstellungen sexueller Interaktionen, genauso

wie Gebärszenen oder kindliche Betreuung.

Deutlicher sind Malereien, die einen Bezug zum

Tanz respektive zur Musik herstellen. Zwar fehlen

erkennbare Darstellungen von Musikinstrumenten,

allerdings gibt es immer wieder Figuren, die

eine dirigierende Pose einnehmen und in vielen

Fällen strahlen die dargestellten Protagonisten

unmittelbar eine Rhythmik aus. Überwiegend sind

darüber hinaus Gruppen von Personen porträtiert,

die sich in einem sozialen Zusammenhang

befinden. Bemerkenswert ist, dass sich immer

wieder Figuren finden, die sich vom Betrachter

abwenden, also in die Felswand blicken und den

Blick nicht dem Betrachter zuwenden, eine für uns

eher ungewöhnliche Pose. In den meisten Fällen

haben die Figuren eine Größe von 40-60 cm, in

wenigen Fällen auch durchaus bis zu 2 Metern.

Eine Kartierung der Fundstellen von Bradshaw-

Figuren bestätigt ihre Beschränkung auf die

Kimberley-Region, die allerdings fast die Größe

von Spanien hat. Gleichzeitig wird die Ähnlichkeit

der Motive und der stilistischen Elemente

deutlich, so dass man fast schon von einer Schule

sprechen kann. Gab es tatsächlich eine solche

Schule, deren künstlerische Mitglieder sich in der

unwegsamen Region ausbreiteten, oder sind die

ähnlichen Motive mehrfach isoliert voneinander

entstanden und haben eine ähnliche stilistische

Entwicklung gemacht? Und an diese Frage

schließt sich die grundsätzliche Frage nach den

Menschen an, die diese Kunstwerke geschaffen

haben. Wer waren sie, wo kamen sie her und

no recognisable depictions of musical instruments,

there are many figures who strike poses as if

directing music, and in many cases a rhythm

seems to emanate from the figures depicted in

the paintings. Furthermore, groups of people are

usually depicted in a social context. It is worth

noting that figures often appear to be turned

away from the viewer, as if looking into the stone

surface rather than turning towards the viewer,

which seems to us a rather unusual pose. In most

cases, the figures are between 40 and 60 cm tall,

though some may be up to two metres tall.

Mapping the locations of Bradshaw figures

confirms that they are limited to the Kimberley

region, which is still almost the size of Spain.

However, the similarity of the motifs and stylistic

elements is such that one can almost think of

it as an artistic school. Did such a school exist,

and if so, did its members spread out across the

Australien wurde vor gut

60 000 Jahren von

Vorfahren der Aborigines

über die damalige

Landverbindung aus

Neu Guinea besiedelt.

Felsmalereien bilden

einen wesentlichen Teil

ihrer Kultur, auch in

der Kimberley-Region

finden sich großartige

Gemälde, insbesondere von

Wandjina Darstellungen.

Sie haben wenig stilistische

Verbindung zu den

Bradshaw-Figuren und

datieren auf etwa 5000

Jahre.

Die Aborigines selbst haben

den Bradshaw-Figuren

eine mystische Entstehung

zugeschrieben. Das wirft die

Frage nach den Urhebern

dieser Figuren auf. Eine

Diskussion dieser Frage

stützt sich weitgehend

auf einen stilistischen

Vergleich mit anderen

Felskunstbildern. Dabei

fällt eine Ähnlichkeit

mit Felsbildern in Afrika

auf was die Darstellung

menschlicher Figuren und

deren Attribute betrifft. Aus

dieser Ähnlichkeit heraus

erscheint es denkbar, dass

vor ca. 70 000 Jahren

eine Auswanderungswelle

aus Afrika Australien

über den Seeweg erreicht

hat und im damaligen

breiten Küstenstreifen sich

niedergelassen hat. Der

steigende Meeresspiegel

und die Konkurrenz vom

Landesinnern an die Küste

drängenden Populationen

haben möglicherweise diese

Zivilisation vor 10-20 000

Jahren beendet.