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dass ihr Stil sich schwer mit dem ‚typischer‘ Bilder

von Aborigines vergleichen lässt und in manchem

eher an afrikanische Felskunst erinnert, auffallend

ist auch, dass nur in der Kimberley-Region zwei

Arten des Affenbrotbaums wachsen, eines Baums,

der ansonsten nur in Afrika vorkommt. Dadurch,

dass der Samen aber nicht salzwasserfest ist,

liegt die Vermutung nahe, dass irgendwann

Menschen von Afrika nach Australien über das

Meer gekommen sein müssen, die die Früchte des

Baobabs mitgebracht haben. Andererseits wissen

wir heute, dass die australischen Aborigines eine

der ältesten kontinuierlichen Kulturen außerhalb

Afrikas darstellen. Sie erreichten wahrscheinlich

vor ca. 55.000 Jahren das Sahul, die damals

zusammenhängende Landmasse Neuguineas und

Australiens. Da es keinen genetischen Hinweis

gibt, dass es im Holozän weitere Einwanderungen

ins Sahul gab, müssten mögliche afrikanische

Seefahrer Australien bereits vor der Besiedlung

durch Aborigines erreicht haben.

Da das Landesmuseum Natur und Mensch neben

seiner naturwissenschaftlichen Abteilung auch

eine archäologische und eine ethnologische

hat, habe ich mich sehr gefreut, als Reto Weiler

mich fragte, ob wir in 2017 im Landesmuseum

Platz und Muße für eine Ausstellung über die

australischen Felsbilder hätten. Gerne sagte ich

zu und nun sind wir eine Plattform nicht nur

für die Diskussion, wer wohl der Urheber dieser

Felskunst sei, sondern auch darüber, wem denn

grundsätzlich Kunst gehört. In dem Chor der

Stimmen, die sagen, man dürfe diese Felskunst

nur im Beisein der Aborigines untersuchen und

interpretieren, weil sie von ihnen stamme, neige ich

als Ethnobiologe eher der Freiheit der Wissenschaft

zu. Das bedeutet, dass zur Klärung des Ursprungs

von Kunst auch Angehörige anderer Nationen und

Wissenschaftszweige vorurteilsfrei müssen arbeiten

dürfen. Nur so ist gewährleistet, dass am Ende der

Forschungen ein belastbares Ergebnis steht, bei

dem nicht bestimmte Annahmen schon im Vorfeld

ausgeschlossen wurden.

Wir freuen uns, dass wir weltweit als erstes Museum

Fotografien von Bradshaw-Figuren zusammen

mit einem Einblick in die wissenschaftlichen

Fragestellungen und ergänzt durch eine

künstlerische Perspektive gemeinsam präsentieren

können.

Dr. Peter-René Becker,

Direktor des Landesmuseum Natur und Mensch